Quallentastisch ohne Mangavorlage
Kunst braucht Freiheit und Individualität, um zu gedeihen – so denkt es sich Mahiru Kouzuki. Sie ist leidenschaftliche Künstlerin und liebt es zu zeichnen. Bis zu jenem Tag, an dem ihre Leidenschaft mit Füßen getreten wird: Mitschüler verspotten ihr Bild einer Qualle – und aus Angst, erneut zum Gespött zu werden, gibt sie das Malen auf. Sie versucht, sich anzupassen, findet aber kein Glück mehr.
Viele Jahre später begegnet die unglückliche Mahiru der ehemaligen, einst beliebten Idol-Sängerin Kano Yamanouchi. Ein Skandal beendete damals Kanos Karriere, doch sie lässt sich davon nicht unterkriegen. Die Sängerin erkennt Mahirus künstlerische Begabung und bittet sie, Teil ihres neuen Musikprojekts „JELEE“ zu werden – diesmal als visuelle Künstlerin. Quallen können bekanntlich nicht aus eigener Kraft schwimmen, und so lässt sich Mahiru auf das Angebot ein, gemeinsam mit weiteren Mitstreiterinnen – und erkennt, dass der Weg zur Selbstfindung oft Mut verlangt.
Quallentastisch ohne Mangavorlage
JELLYFISH CAN’T SWIM IN THE NIGHT hat keine Manga- oder Novel-Vorlage; der Anime entsteht im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums des Studios Dōga Kōbō (Oshi no Ko). Die Entwicklung beginnt 2023 – das Unternehmen selbst wurde 1973 gegründet –, erschienen ist der Anime jedoch erst 2024.
Angesetzt in Shibuya, einem pulsierenden Stadtteil der japanischen Hauptstadt Tokio, nutzt Dōga Kōbō die Gegend als Steilvorlage für ein atmosphärisch dichtes Setting.
Shibuya ist ein Ort für Künstler – hier treffen Kunst, Musik und diverse Kulturszenen aufeinander. Für die Hauptfiguren wird Shibuya nicht nur Schauplatz, sondern zum Brennpunkt ihrer Identitätssuche und Träume – wie für viele junge Menschen im echten Leben.
Entsprechend farbenfroh ist die Gestaltung des Anime: dunkle Gassen für jenen Hauch Melancholie, der die Frage nach dem eigenen Selbst begleitet; atmosphärisch bunte, neongetränkte Straßenecken, die das Ausbrechen aus dem alten Ich visualisieren. Shibuya in all seiner Vielfalt – eingefangen wie auf einer Leinwand.
Viel Arbeit steckt in den Figuren, die ihrer Rolle entsprechend gestaltet sind. Mahiru wirkt als Künstlerin eher schlicht, trägt moderne Kleidung, bleibt aber optisch nah am typischen Schulmädchen. Das ehemalige Idol Kano hingegen besticht durch ihr puppenhaftes Aussehen, mit modischer und auffälliger Kleidung.
Musikalisch ein Traum
„JELEE“ ist ein Musikprojekt, das verschiedene Menschen mit all ihren Träumen, Hoffnungen und Wünschen vereint. Jede Figur bringt eine Vergangenheit voller Rückschläge mit und sucht nun neue Wege, sich kreativ auszudrücken. Die Musik steht im Vordergrund – so auch im Anime selbst.
Komponiert wurde der Soundtrack von Masaru Yokoyama, der seit vielen Jahren Anime mit seinen Kompositionen prägt, darunter Hyperdimension Neptunia: The Animation. Der Score sprüht vor Emotionen: von sanften, melancholischen Stücken, die Mahirus Suche nach Identität begleiten, bis hin zu schnellen, lebensbejahenden Rhythmen, sobald eine Figur neuen Mut fasst und eine Erkenntnis gewinnt.
Yokoyama nutzt Musik als Ausdrucksstil der Charaktere – genauso, wie es die Band „JELEE“ innerhalb der Handlung tut. Mal laut und kraftvoll, mal leise und nachdenklich – eine harmonische Verschmelzung fiktiver und realer Inspirationsquellen.
Fazit
JELLYFISH CAN'T SWIM IN THE NIGHT ist ein atmosphärisches Coming-of-Age-Drama, das die kreative Selbstfindung junger Frauen in den Untiefen des Tokioter Nachtlebens erzählt. Modern und mit einer sanften Prise Melancholie setzt sich der Anime mit Themen wie Selbstzweifel, Freundschaft und Neuanfang auseinander – mit starkem Fokus auf Kunst und Musik. Ein empfehlenswerter Titel für alle, die emotionale Tiefe und künstlerische Ausdruckskraft im Anime schätzen.
LILI SCHMIRGAL
Regie: Ryōhei Takeshita
Land: Japan 2024
Label: Polyband Anime
Länge: Ca. 300 Min.
Veröffentlichung: Veröffentlicht
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