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Eine Katze für alle Fälle

Es gibt Geschichten, die stolpern direkt in die Herzen der Zuschauer – GHOST CAT ANZU kann das klar für sich verbuchen. Der Anime wirkt auf den ersten Blick verspielt, befasst sich aber mit tiefgründigen Themen wie Verlust und Selbstfindung – gepaart mit einer märchenhaften Note.

Karin ist elf Jahre alt – und wird von ihrem schuldenzerfressenen Vater im Stich gelassen. Der Scharlatan lässt sie in einem Tempel zurück – ganz allein mit ihrem Großvater. Hier trifft das junge Mädchen auf die mysteriöse Katze Anzu. Sie ist riesig, steht aufrecht und kann sogar sprechen. Und nicht nur das – der Kater hat es gerne modern. Er nutzt ein klappriges, aber innig von ihm geliebtes Moped und liebt Snacks sowie schräge Sprüche.

Anzu ist zwar faul, doch soll er Karin beschützen – und ein wenig anleiten. Aber Karin misstraut dem Kater schnell und freundet sich lieber mit anderen, exzentrischen Waldgeistern an – was für beide nicht ohne Folgen bleibt.

Sanfte Erzählung

GHOST CAT ANZU ist kein klassisches Abenteuer, bei dem die Heldin und ihr geisterhafter Begleiter die Welt retten sollen – nur um auf dem Weg zahllose Prüfungen zu bestehen.

Die Reise der beiden erzählt von Trauer, Freundschaft und Verlust – und fächert langsam und nachvollziehbar das Wiederentdecken des Vertrauens auf. Die Geisterkatze wird dabei mehr als nur ein nerviger Faulpelz – sie wird zu einem Begleiter, der ein Spiegel Karins wird – liebevoll, aber manchmal auch störend.

Kindliche Verspieltheit

Passend zu diesem eher sanften Ton sind die Animationen – weich, fast pastellig, mit Liebe zum Detail. So verändert sich die Lichtstimmung subtil je nach Tageszeit – morgens leicht bläulich und abends warm und goldgetönt – oder Anzus Haare, die sich im Wind leicht kräuseln. Dabei wirken diese Details nie überladen, sondern sind liebevoll gesetzte Rahmen für eine greifbare Atmosphäre im Film.

Studio Shin-Ei Animation schafft es, Humor und Ernsthaftigkeit in perfekter Balance zu halten – und das auf allen Ebenen. Die Regie unter den Händen von Yoko Kuno („The Case of Hana and Alice“) und Nobuhiro Yamashita („A Gentle Breeze in the Village“) lässt Raum für stille Momente, in denen Spüren und Schauen absolut gewollt sind. Hervorzuheben ist, dass manche Szenen wirken, als wären sie Bilderbücher, die sich Seite für Seite entfalten und so eine Geschichte erzählen.

Ein wenig Geschichte, bitte

Wenn schon ein fantastischer Film aus Japan, darf natürlich der gewisse Schuss Mystik nicht fehlen. So ist Anzu kein gewöhnlicher Kater – er ist einem Bakeneko nachempfunden.

Diese Geisterkatzen der japanischen Folklore können zwischen Welten wandeln und treten oft als Schutzwesen auf – eben wie Anzu es für die kleine Karin tun möchte.

Diese Verbindung verleiht dem Anime eine Tiefe, die über das Offensichtliche hinausgeht. Anzu soll nicht gruseln, trotz seiner folklorischen Abstammung – es geht um Heilung, um Loslassen.

Deutsche Synchro mit Magie

GHOST CAT ANZU ist sehr gut ins Deutsche gefasst. Die Synchronisation ist angenehm und zurückhaltend – und gleicht damit dem japanischen Original.

Besonders Anzu wirkt charmant und eigenwillig – wie es Katzen eben sind – ohne dabei ins Lächerliche zu rutschen. Die gewählten deutschen Stimmen passen zur ruhigen Erzählweise des Animes.

Laute, übermäßige Stimmen oder übertriebene Stimmexperimente bleiben aus – stattdessen gibt es ein liebevolles Mitgehen mit der Stimmung des Originals.

Ein kleiner Schatz mit Herz

GHOST CAT ANZU ist ein stiller Anime, der zwischen den Zeilen spricht und spielt. Die Mischung aus Magie, Psychologie und ein wenig Katzenhumor schafft ein herzerwärmendes Abenteuer – und bietet vielleicht einen neuen Blick auf das, was „Heilung“ eigentlich bedeutet.

LILI SCHMIRGAL

Titel: GHOST CAT ANZU
Regie: Yoku Kuno + Nobuhiro Yamashita
Länge: 94 Minuten
Land: Japan 2024
Vertrieb DE: polyband Anime

 

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