Jäger und Gejagte
Eine Welt voller Grausamkeiten und Nackedeis: MONDO BESTIALE - DER LETZTE SCHREI DES DSCHUNGELS liegt nun nach der Wiederentdeckung der lange verschollenen deutschen Kinosynchronisation erstmals auf DVD vor.
Gerade in den ausgehenden 70er und frühen 80er Jahren witterte die italienische Filmindustrie mit Exploitation-Streifen unterschiedlichster Couleur Morgenluft. Bis heute ist etwa der Kannibalenstreifen „Nackt und zerfleischt“ (1980) vor allem durch eine täuschend echt wirkende Pfählung und diverser Tiersnuff-Szenen berüchtigt. Ist hier jedoch noch eine stringente Handlung zu erkennen, begnügen sich viele Vertreter des Mondo-Genres damit, gesammelte Gräueltaten rund um den Globus zusammenzutragen. Auch MONDO BESTIALE – DER LETZTE SCHREI DES DSCHUNGELS reiht in bewährtem pseudodokumentarischen Stil Archivmaterial, Naturaufnahmen und inszenierte Spielfilmszenen aneinander. „Der schauerliche Höhepunkt der Mondo-Welle“ – so die reißerische Werbezeile – liegt nun erstmals auf DVD und weltweit erstmals ungeschnitten vor.
In Wales bekommen Fuchsjäger von Tierschützern Abführmittel serviert, bei einem Festival auf einer Insel im Ärmelkanal werden Hippies wahlweise beim Kopulieren oder Defäkieren gefilmt, in Patagonien lauert ein Jäger einen Hirsch auf, in Burundi penetrieren nackte Indigene bei einem Fruchtbarkeitsritus für hohe Tierpopulationen ein Erdloch, in Australien erlegen Aborigines mit Wurfgeschossen Kängurus oder Fledermäuse, im Dschungel kämpft ein Affe verzweifelt gegen eine Anaconda. Tenor des permanenten Voice-Overs: Die Natur mag grausam sein, doch die menschliche Natur ist noch viel grausamer. Das wird bei Kritik an Disney-Dokumentarfilmen (einige Spezies müssen triumphieren, das Leid anderer wird hingenommen – wie beim Lachsfang von Kodakbären) oder beim Einfangen eines knuffigen Orang-Utans für den Zoo klar, wenn Kindern beim Ansicht des Affen die Zeile „Hätte er das Töten gelernt, wäre er ein Mensch geworden“ in den Mund gelegt wird. Auch heftiger (Pseudo-)Snuff mit Hinweis auf angeblich zufällig gefilmtes Material fehlt nicht, wenn ein Indigo von Wilderern im Amazonasgebiet kastriert und skalpiert wird. Neben Mario Morra zeichnet Antonio Climati verantwortlich für Regie, Produktion, Drehbuch und Filmschnitt – und fügte einige der von ihm als Kameramann gedrehten Szenen aus dem umstrittenen Mondo-Klassiker „Africa addio“ (1966) in MONDO BESTIALE – DER LETZTE SCHREI DES DSCHUNGELS ein. Unterm Strich bleibt der Eindruck einer plump geschauspielerten Pseudo-Reportage, die Gewalt- und Nacktszenen mit reichlich plakativer Zivilisationskritik teils sprunghaft aneinanderreiht.
Das Bild des Films wirkt etwas schwammig und unscharf, weist einige Verschmutzungen auf und bewegt sich auf VHS-Niveau. Als Bonus enthalten sind die auf einer deutschen Kinokopie beruhende Langfassung, die aufgrund ihres extremen Rotstichs nur in Schwarz-Weiß vorliegt. Neben dem Abspann ist etwas mehr Gekröse darin zu finden. Ein Trailer und eine Bildergalerie runden die Extras ab.
LUTZ GRANERT
Titel: MONDO BESTIALE – DER LETZTE SCHREI DES DSCHUNGELS
Label: Tele Alba Film (Cargo Records)
Land/Jahr: Italien 1975
FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 87 Min. (Langfassung: ca. 91 Min.)
Verkaufsstart: veröffentlicht
mondo bestiale, mondo, heimkino, dvd
- Erstellt am .