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Das berechnete Leben

Das Drama 22 BAHNEN beeindruckt mit der kraftvollen Performance von Luna Wedler – und ist ab Donnerstag im Kino zu sehen.

In irgendeiner Kleinstadt in Brandenburg fristet Tilda (Luna Wedler) ein gehetztes Dasein wie in einem Hamsterrad. Neben ihrem Mathematik-Studium verdient sie sich als Kassiererin in einem Supermarkt etwas dazu, wenn sie sich nicht um ihre kleine Schwester Ida (Zoë Baier) kümmern muss, weil ihre Mutter (Laura Tonke) mal wieder dem Alkohol verfallen ist. Als Tilda von ihrem Professor eine Promotionsstelle im fernen Berlin angeraten wird und mit Viktor (Jannis Niewöhner) der Bruder ihres vor fünf Jahren verstorbenen Freundes ihr Interesse weckt, spitzt sich die Situation zu...

Die Adaption des gleichnamigen, vielfach preisgekrönten Romans von Caroline Wahl lebt vor allem von seiner sehr präsenten, emotional einnehmenden Hauptdarstellerin. Der Schweizerin Luna Wedler gelingt es beeindruckend, die zahlreichen Rollen ihrer Figur facettenreich und überzeugend darzustelllen. Als Ersatz-Mutter flachst sie mit Ida und kocht ihr liebevoll (vermeintliche) Miracoli-Nudeln oder liest ihrer Erzeugerin, die Farbe gegessen hat, schreiend die Leviten. Gegenüber ihren Freunden wirkt sie eher reserviert, gehemmt, ringt mit ihren romantischen Gefühlen, hat immer noch mit dem düsteren Kapitel ihrer Vergangenheit zu kämpfen, mit dem sie endlich abschließen muss. 22 BAHNEN ist stets bei Tilda – und in ihrem Kopf: Immer wieder sind ihre Gedanken zu hören, immer wieder stellt sie an der Supermarktkasse beim Scannen des Einkaufs analytische Hypothesen zu ihren Kunden an, bevor sie zum ersten Mal zu ihnen aufblickt. 

Das mit reichlich Schleichwerbung angereicherte Sozialdrama tritt allerdings bald auf der Stelle, da es seine Konflikte immer wieder variiert und aufschiebt, anstatt sie für eine Handlungsentwicklung anzupacken. Das spiegelt zwar irgendwie die lethargische Situation der zwischen Verantwortung und Chance festsitzenden Hauptfigur, nimmt aber – einhergehend mit unvermittelten Rückblenden zu Tildas verflossener Teenagerliebe – das Tempo heraus. Die starke Hauptdarstellerin Luna Wedler und einige fantastische Unterwasseraufnahmen machen 22 BAHNEN aber zu einem sehenswerten Stück Kino. 

LUTZ GRANERT

Titel: 22 BAHNEN
Label: Constantin
Land/Jahr: Deutschland 2025
FSK & Laufzeit: ab 12, ca. 102 Min.
Kinostart: 04. September

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