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Ein Freund, ein guter Freund...

Mit einer Maschine gegen die Einsamkeit der Großstadt: Der Animationsfilm ROBOT DREAMS liegt auf DVD und Bluray vor.

Vor inzwischen 15 Jahren habe ich meine Magisterarbeit zum modernen Stummfilm geschrieben. Ich war meiner Zeit voraus: Erst 2011 sollte mit „The Artist“ von Michel Hazanavicius der wohl berühmteste Vertreter dieser Gattung seinen Triumphzug antreten. Ein weiteres Jahr später veröffentlichte der gebürtige Spanier Pablo Berger mit seiner seiner stummen Schneewittchen-Interpretation „Blancanieves“ einen weiteren Beitrag, den ich in meinen Kanon aufgenommen hätte. Die dieses Jahr in der Kategorie Bester Animationsfilm für den Oscar nominierte Graphic-Novel-Adaption ROBOT DREAMS hätte es nicht in die Auswahl geschafft, auch wenn Berger wieder mit dem Einsatz von Ton im Medium Film spielt. 

Hund führt ein einsames Leben und verbringt seine Abende damit, auf seiner Konsole allein „Pong“ zu spielen. In der Fernsehwerbung wird er auf Roboter der Amica 2000-Reihe aufmerksam. Nachdem er ein Exemplar bestellt und zusammengebaut hat, sind Hund und sein blecherner Freund unzertrennlich. Ein Besuch des Ocean Beach am letzten Tag der Badesaison erweist sich als fatal: Nachdem Hund und Roboter zusammen geplanscht haben, liegt der angerostete, unbewegliche Zeitgenosse reglos auf seiner Matte. Hund muss ihn zurücklassen, doch sehnt sich schnell nach seiner Gesellschaft…



Im Zeitalter verschwenderisch und detailreich getrickster Pixar-Filme wirken die großflächig kolorierten Zeichentrickbilder in ROBOT DREAMS erfrischend altmodisch. Berger setzte auf einen reduzierten Zeichenstil und verzichtete auf jegliche Dialoge. Umso mehr Bedeutung schrieb er dem facettenreichen Mienenspiel seiner beiden Protagonisten und der Musik (u.a „September“ von Earth, Wind & Fire) zu, was seinen Animationsfilm so herzerwärmend und anrührend macht. Im Kern sei ROBOT DREAMS eine Tragikomödie – und somit dem Genre zuzurechnen, welches dem wahren Leben am nächsten kommt, verrät er in den zahlreichen Featurettes im Bonusmaterial von DVD und Bluray. Größte Inspiration war für ihn Charlie Chaplins Meisterwerk „Lichter der Großstadt“ (1931), den sich daher jedes Crewmitglied vorab anschauen sollte. Ein sehr sympathisches Extra ist auch ein Besuch Bergers in der Berliner Videothek Filmgalerie, in der er seine Lieblingsfilme kurz vorstellt. Unter anderen sind auch die deutschen Filme „Der letzte Mann“ (1924) von Friedroch-Wilhelm Murnau und Walther Ruttmanns „Berlin – Die Symphonie einer Großstadt“ (1927) dabei, von dem er sich zu seinem 80er-Jahre-New-York-Film (was ROBOT DREAMS auch ist) inspirieren ließ. 

LUTZ GRANERT

Titel: ROBOT DREAMS
Label: Plaion
Land/Jahr: Spanien/Frankreich 2023
FSK & Laufzeit: ab 0, ca. 102 Min.
Verkaufsstart: veröffentlicht
  

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