Der Kommissar und ein Yakuza
MOON IN THE VOID ist ein düster-romantisches Yaoi-Drama mit Yakuza-Flair, das stilistisch überzeugt und erzählerisch durchaus überrascht.
Die Geschichte beginnt mit Kommissar Higa, der sich unter falscher Identität in den Ichikura-Yakuza-Clan einschleust. Sein Ziel: den mysteriösen Tod seiner geliebten Schwester Mizuki ans Licht bringen. Sein Weg führt ihn direkt zu Shidou, einem hochrangigen Clanmitglied mit kalter Aura, stechendem Blick – und einem Angebot, das Higa nicht erwartet: Wenn er wirklich im Clan bleiben will, muss er Shidous Liebhaber werden.
Der provokante Plot entpuppt sich schnell als düstere, aber kluge Idee, um die Beziehung der beiden Hauptfiguren auf mehreren Ebenen zu beleuchten. Sie schwanken zwischen Misstrauen, Anziehung und gegenseitiger Manipulation. Beide geraten in ein psychologisches Spiel, das weit über das hinausgeht, was sie sich ursprünglich erhofft hatten.
Autorin Saki Aida gelingt der schwierige Spagat zwischen Erotik und Spannung: emotional tief, aber ohne je in kitschige Romantik abzudriften.
Ein Zeichenstil für Yakuza
Rou Nishimoto ist für die Zeichnungen verantwortlich – und ihr Stil passt perfekt zum dunklen Szenario von MOON IN THE VOID. Die Figuren sind in einem eleganten Semi-Realismus gehalten: anatomisch präzise, jedes Detail sitzt, jede Perspektive wirkt wie aus einem Guss.
Shidou wirkt, als wäre er direkt von einer High-End-Fashion-Show in den Manga gestolpert – scharf geschnittener Anzug, perfekt sitzende Haare, polierte Schuhe und ein Blick, der selbst hartgesottene Männer erschaudern lässt. Higa bildet dazu den Kontrast: muskulös, leicht zerzaust, ein wenig unordentlich – aber mit einer Präsenz, die nicht zu übersehen ist.
Die Panels sind klar strukturiert, mit gelegentlichen künstlerischen Ausbrüchen, wenn Emotionen oder Libido überkochen. Nishimoto beherrscht visuelle Dramatik meisterhaft; ihre Bildführung wirkt fast filmisch. Hintergründe passen sich flexibel der Stimmung an: detailreich, wenn nötig, schemenhaft, wenn die Figuren im Fokus stehen.
Ein kleines Ach
Die Mischung aus Krimi, psychologischen Machtspielen und Yaoi macht MOON IN THE VOID zu einem echten Lesevergnügen. Von Dialogen über innere Monologe bis hin zur langsam wachsenden Spannung zwischen Higa und Shidou bleibt die Geschichte bis zuletzt schwer durchschaubar – und angenehm unvorhersehbar.
„Bis zuletzt“ ist allerdings wörtlich zu nehmen: Autorin Saki Aida verstarb im August 2024, und die Serie wurde nach nur zwei Bänden abgebrochen. Zurück bleiben ein offenes Ende und viele unbeantwortete Fragen.
Fazit
Für Leser*innen, die mit unvollendeten Geschichten leben können, lohnt sich der Blick trotzdem. MOON IN THE VOID ist kein fluffiger BL-Manga für zwischendurch, sondern ein stilistisch wie erzählerisch ambitioniertes Werk, das sich traut, dunkle Themen anzupacken – und dabei trotzdem sexy bleibt.
Wer Lust auf Yakuza, Intrigen und eine Prise bittersüßer Romantik hat, sollte zugreifen. Und vielleicht ein Taschentuch bereithalten – für die Tränen über das abrupte Ende oder einfach wegen Shidous Blick.
LILI SCHMIRGAL
Genre: Krimi, Yaoi
Autoren: Saki Aida und Rou Nishimoto
Land: Japan 2024
Verlag Deutschland: Carlsen Hayabusa