Von der Legende zum Tellerwäscher und zurück

China gilt heute als einer der weltweit führenden Märkte im E-Sport. Millionen Fans, unzählige professionelle Teams und die Möglichkeit, an hoch dotierten Turnieren teilzunehmen, die ganze Stadien füllen – kein Wunder, dass bei diesem Hype auch die Popkultur nicht verschont bleibt. THE KING'S AVATAR passt perfekt in diese digital-sportliche Szene.

Ye Qiu ist ein legendärer E-Sportler mit Hunderten Stunden Erfahrung im MMORPG „Glory“. Er spielt professionell in einem der beliebtesten Teams seines Landes, „Excellent Era“ – bis er eines Tages aus dem Team geworfen wird. Doch seine Leidenschaft ist ungebrochen.

Ohne E-Sport und Rang fehlt ihm bald das Geld – so beginnt er als Nachtmanager in einem Internetcafé ein neues Leben. Seinen alten Tagen in „Glory“ aber will Ye Qiu noch nicht entsagen – zu sehr fesselt ihn die virtuelle Welt.

Seine neue Chefin – und nicht ganz so heimliche Verehrerin – macht ihn auf den Start eines neuen Servers von „Glory“ aufmerksam, und der ehemalige Profi wittert seine Chance. Unter dem Pseudonym „Lord Grim“ taucht er erneut in die Welt von „Glory“ ein – und macht sich durch seine Fähigkeiten rasch einen Namen, nicht ohne Folgen.

Authentisch und wunderschön

THE KING'S AVATAR ist eine Liebeserklärung an MMORPGs mit all ihren Facetten. Jeder, der schon einmal in die großen virtuellen Fantasiewelten eingetaucht ist, findet sich hier wieder. Rangkämpfe, die Jagd nach seltenen Gegenständen, gemeinschaftliches Dungeon-Gekloppe und nicht zuletzt der ewige Ruf nach dem einen Damage-Dealer, der sein Handwerk beherrscht – alles ist vertreten.

Der Zeichenstil ist ebenso authentisch, detailliert und dynamisch. Die Charaktere sind glaubwürdig gezeichnet und nur selten übertrieben dargestellt – etwa wenn Ye Qius Chefin einen neuerlichen Anfall von Verliebtheit bekommt. Ernst, Spaß oder Gleichgültigkeit sind klar an den Gesichtern abzulesen und verleihen den Dialogen die nötige Nachvollziehbarkeit.

Perfekt gelingt den Künstlern der Wechsel zwischen der digitalen und der realen Welt. Leser verfolgen in „The King’s Avatar“ die Abenteuer von Ye Qius Helden in der Welt von „Glory“ ebenso wie seine Erlebnisse in der echten Welt. Die Szenenwechsel sind fließend und durch Hintergründe klar abgegrenzt – Ye Qiu spielt des Nachts im Internetcafé, während die Welt von „Glory“ aus pompösen Tempeln, weiten Wäldern und düsteren Dungeons besteht.

Fazit

THE KING'S AVATAR ist eine klare Leseempfehlung für alle Fans von E-Sport und MMOs. Die Reihe greift nicht nur die Abenteuer auf, sondern beleuchtet auch die Welt des E-Sports näher: Teamdynamiken, Sponsoren, aber auch den Druck, der auf den Spielern lastet – und der die wunderschönen digitalen Welten oft nur zu neuen Schlachtfeldern der realen macht.

Wahre Stärke, so will es THE KING'S AVATAR lehren, liegt nicht allein im Titel oder in den angehäuften Spielstunden – sondern im Können.

Wir danken dem Manlin-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

LILI SCHMIRGAL