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Radu´s Gaming Corner: Game Over

Game Over- diese beiden Worte beenden meistens einen mühsamen Weg, nachdem man sich durch eine schwierige Sprungpassage, harte Kämpfe oder eine Flucht vor einem unüberwindbaren Gegner abgerackert hat. Doch welche Bedeutung haben sie im wahren Leben und was können wir daraus machen? Vorhang auf für ein etwas anderes Special zum Thema „Tod und Neuanfang“.

Das letzte Leben ist verbraucht und man sieht (mal wieder) den Game Over Bildschirm. Egal, ob man eine Jump ´n Run Passage nicht geschafft hat oder sich an einem Gegner die Zähne ausbeißt; es ist frustrierend, wenn man an derselben Stelle kleben bleibt und trotz mehreren Versuchen einfach nicht weiterkommt. Bei mir ist das dann das beste Zeichen eine Pause einzulegen und entweder später oder an einem anderen Tag weiterzumachen. Bei den Spielen auf PC oder Konsolen ist das auch kein Thema mehr; in den 90er Jahren war es beispielsweise beim Spielhallenautomaten von „Golden Axe“ final, wenn ich mal wieder von Death Adders Schergen zusammengeprügelt wurde und mir das Kleingeld ausgegangen ist. Es ist ein schmaler Grad zwischen Frust und Motivation, den die Souls Spiele heutzutage hemmungslos zelebrieren (siehe auch unser Artikel „Die Kunst des Scheiterns“). Auf dem Weg zum Abspann eines Spieles hat man aber unweigerlich (zumindest beim ersten Durchgang) mehrfach den Bildschirmtod hinter sich. Man probiert andere Wege aus, übt gewisse Passagen und wächst daran. Das „Versagen“ ist hier (wie im echten Leben) ein unerlässlicher Teil des Lernprozesses, der letzten Endes zum Erfolg führt. Das kann man sowohl auf einen Spieledurchlauf als auch auf die Entwicklung der Spiele selbst sagen. Wie viele Entwickler haben in Interviews erklärt, dass die finale Version eines Spieles sich stellenweise komplett von dem Ursprung unterscheidet, letzten Endes aber durch den Entwicklungsprozess (inklusive einigen Rückschlägen) zum bestmöglichen Ergebnis entwickelt haben? Der Bildschirmtod ist also ein wichtiger Bestandteil des Lernens, um das Ziel zu erreichen.

Doch wie sieht das im echten Leben aus? Man kann Rückschläge ebenfalls als kleines „Game Over betrachten“, um daran zu wachsen und seine Persönlichkeit und Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Ein ganz anderes Kaliber ist der reale Verlust eines geliebten Menschen. Hier ist das Game Over leider endgültig, und meistens tragen die Hinterbliebenen die Konsequenzen aus Schmerz, Verlust und Trauer mit sich. Egal, wie sehr wir es uns wünschen: es gibt leider keine Möglichkeit Münzen nachzuwerfen oder Credits zu kaufen, um den Lebensweg noch einmal zu gehen. In mehreren Studien wurden Patienten, die dem Tod nah waren, gefragt, was man bereuen würde und worauf man stolz wäre. Die Antworten zielen in die gleiche Richtung: es sind die Kleinigkeiten, die den großen Unterschied machen. In einer Partnerschaft sind es die alltäglichen Details, die man an seinem liebt. In einer Freundschaft ist es das Gefühl, jedes Abenteuer und die wildesten Geschichten zu überstehen und gleichzeitig offen über seine Gefühle, Wünsche und Ängste sprechen zu können. Materielle Dinge (Geld, Autos oder Karriere im Job) fallen am Ende völlig unterm Tisch; viele wünschen sich, mehr Zeit mit ihren Kindern und der Familie verbracht zu haben. Aus diesen Rückblicken kann man sehr gut lernen und sich selbst dafür sensibilisieren, dass man im Leben nicht ausschließlich im Erfolg, sondern auch emotional und charakterlich aufleveln sollte, um kurz vor seinem eigenen Game Over Bildschirm zufrieden mit sich sein zu können.

Letzten Endes ist der Tod eine Metapher für das Ende; das kann das Ende einer Beziehung, einer Freundschaft, eines Jobs oder eines Lebens sein. Im Anschluss an das Ende steht eine Zeit der Leere, des Trauerns und/oder des Verlusts. Jeder trauert und verarbeitet Dinge auf seine eigene Weise; einige vertrauen sich jemandem an, andere stürzen sich in die Arbeit und wieder andere greifen zu Ablenkung durch Alkohol, übermäßigem Social Media Konsum oder anderen Dingen. Der Spruch „Die Zeit heilt alle Wunden“ stimmt nur teilweise, denn mit der Zeit gewöhnt sich der Körper und der Kopf an eine neue Routine und ist bereit, einen völlig unbekannten und neuen Pfad zu beschreiten. Gerade beim Verlust eines geliebten Menschen ist dieser Weg besonders hart und jede Unterstützung ist hier so notwendig, wie eine gute Multiplayer Zusammenstelleng bei Elden Ring Nightreign, um sich seinen Gefühlen zu stellen.

Warum also der Vergleich mit einem so ernsten Thema wie dem Tod und den Videospielen? Nach dem Verlust eines geliebten Menschen falle ich in ein tiefes, emotionales Loch, das mich in eine Parallelwelt katapultiert. Was früher für mich Probleme waren oder mir wichtig erschien, verblasst im Moment des Verlusts und der Tatsache, dass ich mir meiner eigenen Sterblichkeit bewusst bin. Nach dem Schockzustand; setzt die emotionale Kernschmelze ein, die mich erdrückt, aufzehrt und mir Angst macht. Gespräche mit guten Freunden helfen dabei, aber auch die Tatsache, mit dem eigenen Leben weiterzumachen, auch wenn man einige Dinge bewusster macht bzw. einige Dinge ändert, um sich selbst mental und körperlich auf ein neues Level zu begeben. Das Leben ist unberechenbar und niemand weiß, was sich hinter der Nebelwand verbirgt, die wir alle einmal durchschreiten müssen. Doch solange wir hier sind, könnte man das Leben auf seine eigene Weise genießen und das Maximum für sich persönlich herausholen. Egal, ob man bei seinem Lieblingshobby Erfahrungspunkte lootet, sich auch einmal gefährliche Wege abseits der eigenen Komfortzone (und mit weit entferntem Leuchtfeuer) zu beschreiten traut, oder diverse Game Over Niederlagen als Chance zum eigenen Wachstum und Weiterentwicklung nutzt. Letzten Endes hat jeder von uns irgendwann seinen eigenen Abspann und ich würde mir wünschen, wenn dieser mit den Erinnerungen an geliebte Menschen und der Tatsache abläuft, dass ich alles getan haben, um meinen persönlichen Spieledurchlauf in diesem Leben so authentisch wie möglich zu gestalten.

Sebastian Radu Groß