Nicht nur sauber, sondern rein

Das Sachbuch GREENWASHING – DAS SCHMUTZIGE GESCHÄFT MIT DEINEM GEWISSEN legt einen umfassenden Report zum „grünen Gewissen“ von Unternehmen vor.

Viele Unternehmen leisten keinen ernsthaften Beitrag zum Klimaschutz und färben ihre eigenen Ökobilanzen grün. Dabei verhindern sie eine gesellschaftliche Transformation – und befeuern den Klimawandel. GREENWASHING – DAS SCHMUTZIGE GESCHÄFT MIT DEINEM GEWISSEN holt zum großen Rundumschlag zu Strategien aus, derer sich Firmen in traditionell „schmutzigen“ Geschäftsfeldern bedienen und liefert dabei erschreckende Einblicke, wie wir alle gründlich an der Nase herumgeführt werden.

In ihren ersten Kapiteln wirft Autorin und Greenpeace-Mitarbeiterin Ursula Bittner einen Blick auf die perfiden Täuschungsmodelle der Konzerne. Warum mit einem Nachhaltigkeitsbericht angreifbar machen? „Greenhushing“ (Verschleierung eigener Nachhaltigkeitsmaßnahmen) ist im Vormarsch und oftmals setzen Unternehmen perfide auf scheinbare (aber bezahlte) Stimmen der Zivilbevölkerung, welche für umweltschädliche oder schmutzige Produkte und Verfahren Partei ergreifen (Astroturfing). Auch eine gängige Strategie sind vermeintlich „grüne“ Organisationen, die sich aus Umweltsündern speist: Petrochemiekonzerne schlossen sich etwa zur „Alliance to End Plastic Waste“ zusammen – und weiten die eigene Kunststoffproduktion derweil aus (siehe Kapitel „Das System: Die Grundlagen des Greenwashing“).

Nach ihrer Analyse bezahlter Fake-Studien, Desinformationskampagnen, SLAPP-Klagen gegen unliebsame Erkenntnisse der Presse und von Zertifizierungen mit allzu laxen Kriterien, die das Vertrauen der Konsumenten in echte Ökosiegel untergraben, kommt die Autorin schnell zum großen Ganzen. Das kapitalistische System als solches ist schlecht, schließlich ist Klimaschutz ein langfristiges Projekt, das kurzfristigen Boni von Aktionären zuwider läuft. Doch nicht nur das: Auch die Einrichtung von Nationalparks, was erst einmal etwas Gutes zu sein scheint, hat seine Schattenseiten: Aus den Schutzzonen werden Indigene vertrieben, was zu neokolonialen Strukturen führt.

GREENWASHING – DAS SCHMUTZIGE GESCHÄFT MIT DEINEM GEWISSEN macht durch viele Einblicke ins schmutziges Schönfärben unternehmerischer Ökobilanzen schlechte Laune – und das ist auch gut so. Wir alle sind mündig, können für mehr Nachhaltigkeit kämpfen, das macht die Autorin am Ende in ihren Lösungsvorschlägen deutlich. Es besteht also noch Hoffnung – wenn endlich auch die Politik handelt und nicht, wie jüngst, beim einmal mehr enttäuschend verlaufenen Weltklimakonferenz in Brasilien nur seichte Kompromisse verabschiedet.

LUTZ GRANERT

Titel: GREENWASHING – DAS SCHMUTZIGE GESCHÄFT MIT DEINEM GEWISSEN. EIN GREENPEACE-REPORT
Verlag: oekom
Autorin: Ursula Bittner
Erscheinungsform & Seitenzahl: Softcover, 300 Seiten
Verkaufsstart: veröffentlicht