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Das Schicksal oder auch die unheilvollen Absichten eines snobistischen, geheimen Satanistenclubs britischer Gentleman führen Artemisia Jones, Bibliothekarin und Liebhaberin seltener okkulter Buchschätze, zum Anwesen von Sir Reginald Bullington – nach Clapford Manor. Gerüchten zufolge geriet er in den Besitz einiger bemerkenswerter Sammlungen, die von kundiger Hand eine solide Inventur erfordern. Die Vorfreude, sich mit den Schätzen der Bibliothek auseinandersetzen zu dürfen, wird dabei durch die offenkundig unheiligen Absichten, die Sir Reginald und die übrigen Lordschaften mit dem Besuch von Artemisia tatsächlich verbinden, getrübt.

In REQUIEM FÜR MISS ARTEMISIA JONES wird der Leser schon nach kurzer Zeit mit zwei parallel zueinander verlaufenden Erzählebenen überrascht, die sich gegen Ende des Romans überschneiden – derjenigen der Erde und einer zweiten aus der Hölle heraus. So fungiert der Teufel höchstselbst als die zentrale Ich-Erzählfigur des Unten, die investigative Recherchen über die Vereinigung der First Lodge of Rightful Gentlemen betreibt. Währenddessen fungiert auf Erden ein unabhängiger, nicht näher benannter Erzähler als Zeuge der Ereignisse des geplanten Ablebens der jungen Artemisia Jones, die ihrerseits von den Machenschaften der Loge rund um Sir Reginald Bullington allerdings noch herzlich wenig ahnt.

Das gebundene Buch besticht vor allem durch ein wunderschönes Design, welches sich vom dunklen Buchdeckel über das Layout der Seiten wie ein roter – oder in diesem Fall, schwarzer – Faden durch den Roman zieht. Dazu kommt, dass REQUIEM FÜR MISS ARTEMISIA JONES ein unfassbar amüsanter Roman geworden ist, dem man es kaum anmerkt, dass eine doppelte Autorenschaft ihn hat entstehen lassen. Isa Theobald und David Gray sind keine Unbekannten in den unendlichen Weiten der fantastischen Literatur. Beiden ist ein gewisser Hang zu perfidem Humor, feiner Ironie, ein wenig Blut und Gemetzel und vor allem Vorstellungskraft gemein. Dem Leser wird ein Potpourri an Kuriositäten dargeboten, wobei die Story von einer Grundstimmung beherrscht wird, die aus jeder Pore den Duft viktorianischer Gotik verströmt. Besonders bizarr wird es dann mit Blick auf den Höllenfürst – auch liebevoll Bocksbeinchen genannt –, der seinerseits eine jede dieser weiblichen Opfergaben in den vergangenen Jahrhunderten geflissentlich ignoriert hat und so gar nicht nachvollziehen kann, welchen Sinn die Prozedur überhaupt haben soll. Allein jene zwei Figuren sind so wunderbar bizarr, aber auch liebevoll gezeichnet, dass es eine wahre Freude ist, der Story zu folgen.

ISABELL SCHLOTT

Titel: REQUIEM FÜR MISS ARTEMISIA JONES

Autor: Isa Theobald, David Gray

Verlag: Edition Roter Drache

Seitenzahl: 280