Radu´s Gaming Corner: Die LEGACY OF KAIN Reihe - Eine Liebeserklärung
Großartige Spiele verdienen Remakes! Das Motto wird seit einigen Jahren gelebt und viele Spiele (Hallo „Silent Hill 2“, „Gothic“, „Resident Evil“) erleben zur Zeit einen zweiten Frühling. Dennoch gibt es eine Spielereihe, die ich seit nunmehr 20 Jahren in mein Nachtgebet einschließe, dass sie doch bitte ein Remake oder eine Fortsetzung erfahren darf. Die Rede ist von „Blood Omen- Legacy of Kain“ und der darauf aufbauenden „Soul Reaver“ Reihe. Die Fanbase zu dieser Spieleserie ist riesig und auch wenn die Geschichte bereits vor vielen Jahren erzählt wurde, schreit der Charme danach, diese Reihe in ein modernes Technikgewand zu kleiden und sowohl Nostalgiker als auch eine neue Generation glücklich zu machen.
Wir schreiben das Jahr 1997; ich bin stolzer Besitzer einer neuen Spielekonsole namens Playstation und leihe mir von meinem Schulfreund regelmäßig Spiele aus. Auf diese Weise mache ich einschlägige Erfahrungen mit einer Zombiekalypse in Racoon City, spiele mein erstes Mal das (unfassbar gute) Metal Gear Solid 1 und fahre gelegentlich auch Autorennen. Eines Morgens versorgt mich mein Spieledealer mit einem Spiel, mit dem er nicht viel anfangen kann. „Ist was mit Vampiren und Blut, das ist eher deine Nummer“ meint er noch, ehe er mir „Blood Omen Legacy of Kain“ in die Hand drückt. Mit einer großen Neugier schmeiße ich meine PS1 an und bestaune das Intro, in dem einige Menschen von dem Vampir Vorador blutig niedergemetzelt werden. Die Grafik war gut, aber die Atmosphäre hatte mich direkt gepackt und so begann ich meine ersten Schritte durch Nosgoth…
Ich schlüpfe in die Rolle des Edelmannes Kain, der von einer Horde Banditen ermordet wird. Nach seinem Tod bekommt er vom Totenbeschwörer Mortanius die Möglichkeit, sich an seinen Mördern zu rächen und wird in die Welt der Lebenden zurückgeschickt. Dort muss Kain erkennen, dass er zu einem Vampir geworden ist; nachdem er Rache an seinen Mördern genommen hat, ist seine weitere Existenz als Vampir eigentlich hinfällig. Er beginnt seine Suche nach einem Heilmittel gegen den Vampirismus und begegnet dabei dem Geist von Ariel, der Hüterin des Gleichgewichts an den Säulen von Nosgoth. Sie erklärt ihm, dass er den Zirkel der Neun vernichten muss, um endlich seinen Frieden zu finden. Was danach folgt ist eine unfassbar geniale Geschichte mit vielen Zwists, Intrigen, charismatischen Charakteren und Zeitreisen. Aus der Vogelperspektive bereisen wir das Land Nosgoth und fühlen die Vor- und Nachteile des Vampirdaseins; die hässlichen Strahlen der Sonne, Wasser, das wir Säure brennt, aber auch die Möglichkeit sich in Fledermaus, Werwolf und Nebel (wie geil ist das bitte?) zu verwandeln sind mehr als gelungen umgesetzt. Der ständige Blutdurst treibt uns voran und auch das Loot- und Crafting System war für damalige Verhältnisse wegweisend; mit einem Schwert, Morgenstern oder zwei Äxten (inklusive Spezialangriff) zu kämpfen macht extrem Spaß und auch die Verwandlungen gehen innerhalb weniger Spielminuten in Fleisch und Blut über. Die Welt von Nosgoth ist vielseitig und beherbergt sowohl Menschen als auch Kreaturen, die einem gut im Gedächtnis bleiben. Der größte Trumpf bei dem Spiel ist allerdings die Geschichte und vor allem die Charaktere: beste Beispiele sind der Vampir Vorador, der Kain die Vorzüge des Vampirdaseins erklärt oder Möbius, der Zeitstromlenker, den ich gleichzeitig hassen du lieben gelernt habe. Je länger man spielt, desto mehr Tiefgang bekommt die Geschichte und man stellt sich viele Fragen: warum hat Mortanius Kain wirklich ins Leben zurückgeholt? Welche Rolle spielt Möbius in dem gesamten Plan? Verdient der Zirkel der Neun den Tod und wer hat Ariel ermordet? Mit jedem Schritt verliebt man sich mehr in die Welt und das epische Finale hinterlässt eine optimale Mischung aus Gänsehaut und Melancholie.
Ein kleiner Zeitsprung; 1500 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils ist Kain zum Oberhaupt einer Vampirgeneration geworden. Raziel, einer seiner sechs Statthaltern, hat vor seinem Herrn eine neue Entwicklungsstufe erreicht, indem ihm als erster Vampir Flügel gewachsen sind. Kain reißt ihm diese in seinem Zorn aus und lässt Raziel in den Seelenstrudel werfen, wo er ewige Qualen erleiden soll. Allerdings wird er durch eine uralte Gottheit gerettet, die ihn auf seinen Rachefeldzug durch Nosgoth schickt, um seine Brüder zu töten. Auf seiner Reise entdeckt Raziel den Ursprung von Kains Herrschaft und weitere Geheimnisse, die auch seine Herkunft näher beleuchten. Anders als im ersten Teil, spielt hier Raziel die Hauptrolle; das Gameplay setzt hier auf eine Mischung aus Kampf, Rätseln und Kletterpassagen, was anno 1999 eine gute 3-D Grafik auf den Bildschirm zauberte. Im Laufe seines Abenteuers erlernt Raziel auch Fähigkeiten wie Schwimmen oder durch Gitter gleiten, was gerade den Fortschritt immens spannend macht. Die ultimative Trumpfkarte und Aushängeschild des Spiels ist jedoch das Shiften zwischen der Welt der Lebenden und der Toten. Ist Raziels (geschundener) Körper in der Welt der Lebenden verwundbar und gleichzeitig in der Lage, mit Gegenständen zu agieren, so muss er sich in der Spektralwelt mit Dämonen herumschlagen. Zusätzlich verändert sich die Umgebung während des Shiftens, so dass einige Bereiche in der Geisterwelt erreichbar sind, die in der Welt der Lebenden unsichtbar oder unerreichbar sind. Das Prinzip wurde letztes Jahr durch „Lords oft he Fallen“ gut nachzelebriert, aber der Ursprung und das Potential wurde definitiv bei Soul Reaver ausgeschöpft. Hinzu kommt die tragische Figur Raziels, die auch in weiteren Abenteuern den Spielern stark ans Herz wachsen soll.
Würde man mich nach meinem Lieblingsteil der Reihe fragen, wäre es definitiv „Soul Reaver 2“, denn hier stimmt einfach alles; meiner Meinung nach das beste Cover in meiner Spielesammlung, eine unfassbar packende Geschichte, die mich am Ende mit offener Kinnlade zurückgelassen hat (ähnlich wie bei „The Last of Us 2“- nicht inhaltlich, aber emotional) und eine Spielwelt, deren Atmosphäre mich viele Stunden meines Lebens in positiver Erinnerung behalten lässt. Raziel begegnet dem Zeitstromlenker Möbius und wandelt teilweise auf den gleichen Pfaden, wie Kain als junger Vampir. Auf der Suche nach Kain begegnet er auch Ariel und lernt die Säulen von Nosgoth kennen. Sein ursprünglich geplanter Rachefeldzug gegen Kain verliert im Laufe des Abenteuers an Bedeutung und Raziel beginnt die Beweggründe Kains zu verstehen. Besonders die Begegnung mit Vorador und Janos Audron sind derart episch inszeniert, dass mich die Gänsehaut auch heute noch verfolgt. Hier wurde an allen Ecken alles aufpoliert, was beim ersten Soul Reaver Teil bereits hervorragend funktioniert hat und ein eine (für damalige Verhältnisse) edle Grafik gegossen und mit einem herrlichen Soundtrack garniert. Spätestens die Figuren und die Geschichte, die ein Paradox verabscheut, sind bis heute der Grund für eine sehr große Fangemeinde.
„Blood Omen 2“ macht einen Schritt zurück, sowohl zeitlich als auch technisch. Erneut geht es in die Rolle von Kain, allerdings dieses Mal direkt nach den Ereignissen des ersten „Blood Omen“ Teils. Es wird erzählt, wie er seinen Vampirclan aufgebaut hat, wie es zu einem Kampf mit den Vampiren gegen deren Todfeinde die Sarafanen kam und wie es zum Fall und Aufstieg der Vampire kam. Zeitlich ist „Blood Omen 2“ das fehlende Puzzlestück zwischen dem Vorgänger und dem ersten Teil der Soul Reaver Reihe. Auch hier mangelt es nicht an Geschichten und charismatischen Figuren, obwohl der Anteil hier zugunsten der Action deutlich zurückgeschraubt wurde. Ein Wiedersehen mit Vorador, die Andeutung von Möbius und die äußerst brutale Darstellung Kains sind die Merkmale, die auch langfristig im Gedächtnis bleiben. Für sich allein betrachtet wäre das Spiel vielleicht auch nur Durschnitt, aber durch die Vorgänger, das Wissen von der Lore und den Figuren und dem Schicksal der Spielwelt, bekommt „Blood Omen 2“ ohne viel Aufwand eine sehr intensive Spieltiefe. Besonders die Charakterentwicklung Kains wird hier sehr gut inszeniert und gibt Aufschluss darüber, warum er in den folgenden 1500 Jahren so eine Entwicklung durchmachen wird.
Wenn man ein Finale zelebriert, sollte man es gut vorbereiten; in „Legacy of Kain: Defiance“ werden die Fäden an den Figuren enthüllt und man sieht die Gesichter der Puppenspieler. Zeitlich knüpft man direkt an Soul Reaver 2 an, gibt einen unfassbar tiefen Einblick in die Entstehung der Vampirrasse und der Hylden und erzählt eine Geschichte derart packend, dass sie die besten Elemente eines Buches und eines Kinofilms in einem Spiel vereint. Das Schicksal Voradors, das Herz der Dunkelheit und der epische Kampf in der Kathedrale von Avernus; wer es gespielt hat, bekommt hier direkt feuchte Augen. Man spielt abwechselnd Kain und Raziel, ehe man sich in einem epischen Finale begegnet. Die Einzelschicksale der Figuren sind eng mit dem Schicksal Nosgoths verwoben und ich habe noch nie eine derart perfekte Erzählung erlebt, bei der die Auswirkungen von Zeitreisen (über mehrere Spielteile!) so unfassbar genial in einem Finale zusammengeführt wurden. Ja, das Spiel hatte auch seine Schwächen; ungeschickte Kameraführung während Sprungpassagen, das akzeptable aber nicht unbedingt gute Kampfsystem und einige langgezogene Rätsel hätte man optimieren können. Aber wenn man dafür mit einer dichten Atmosphäre, herrlichem Soundtrack und einer packenden Geschichte mit charismatischen Protagonisten belohnt wird, fällt das nicht mehr ins Gewicht. Während der letzten Spielstunden war die Gänsehaut mein Stammgast und auch nach dem Abspann hinterließ der Abschied von Nosgoth ein melancholisches Gefühl, das bis heute (teilweise) andauert, weil die Geschichte vorbei ist. Dennoch gibt es ein seltsames Gefühl, das mich nach vorne blicken lässt, was die Entwicklung der Legacy of Kain Serie angeht: Hoffnung!
Damals gab es noch die legacyofkain.de Seite, bei der Mods und viele Hintergrundinfos zu der Welt Nosgoths zu entdecken waren. Leider ist die Website mittlerweile down, aber an dieser Stelle beuge ich mein Haupt in Demut vor jenen Leuten, die diese Website damals sehr lange Zeit betrieben haben! Wenn man im Netz ein wenig googelt, wird man schnell feststellen, dass es unfassbare viel epischen Content zu der Lore gibt; sei es die Tiefenanalyse zu den Spielen auf YouTube, Fanart (sehr geniale Sachen dabei!), Fanmade Projects (Soul Reaver in der Unreal Engine), vom Spiel inspirierte Soundtracks, bis hin zur Blood Omen Hochzeit ist alles dabei. Auch über 15 Jahre gehütete Geheimnisse kommen ans Tageslicht und es gibt immer noch viel in den alten Spielen zu entdecken (eine verlorene Stadt mit Werwölfen oder ein Schiff im ersten Teil? Durch Zufall über YouTube gestolpert). Auch gab es Versuche, die Legacy of Kain Reihe wieder zu reaktivieren; „Legacy of Kain: Dead Sun“ ist ein eingestelltes Projekt, das gute Ansätze hatte und Jahre nach dem Finale gespielt hätte. Dann gab es da noch „Nosgoth“, einen Multiplayer Shooter im Legacy of Kain Universum. Nennt mich engstirnig, aber wenn ich vorher eine packende Geschichte mit dichter Atmosphäre und charismatischen Figuren in einer lebendigen Spielwelt hatte, stinkt so ein Shooter bei mir vollends dagegen ab. Seitdem herrscht eisige Stille um die Serie; die alten Teilen sind mittlerweile bei GOG erhältlich, sind aber in ihrer Spielmechanik leider schlecht gealtert. Im November 2022 startete Crystal Dynamics eine Umfrage, inwieweit Interesse an der Marke Legacy of Kain besteht. Das Feedback ähnelte einer Lawine: in der Vergangenheit beteiligten sich bei solchen Umfragen 1000 bis 3000 Personen, während bei Legacy of Kain direkt 73 000 Fans steil gingen und lautstark eine Fortführung oder Remake der Reihe forderten. Darauf reagierten die Entwickler, dass man die Fangemeinde „laut und klar gehört hat“; was auch immer das für die Zukunft heißen mag…
Ein kleiner Traum zum Abschluss: an einem ganz normalen Tag sehe ich durch Zufall einen Trailer von einem neuen Spiel (oder Remake) im Legacy of Kain Universum, bei dem Gänsehaut, Grafik und Soundtrack mich sofort ehrfürchtig auf die Knie sinken lassen. Zwischen der Welt der Lebenden und den Toten kann gewechselt werden, die Geschichte wird mit neuen und bekannten Figuren weitererzählt und als Kampfmechanik steht bitte Dark Souls Pate. Beim Trailer wird sowohl direkt ein Release Termin genannt (bitte nicht länger als 6 Monate) und die Collectors Edition mit Artbook, Statue und Soundtrack (gerne auch Vinyl) angekündigt, die auch direkt vorbestellt werden kann (Preis ist mir wurscht!). Nachdem ich ca. 10 Minuten vor Glück geweint habe, nehme ich direkt für den Release meinen Jahresurlaub, treibe meine Umgebung mit meiner Vorfreude in den Wahnsinn (egal, ob ihr es wollt, oder nicht: ihr werdet die Lore von Legacy of Kain in Dauerschleife von mir erklärt bekommen) und spiele nochmal alle Teile nach, die ich als Let´s Play auf meinem YouTube Kanal veröffentliche. Ich bin mir sicher, dass es dem einen oder anderen ähnlich ergehen wird. Falls ja: schreibt uns gerne in den sozialen Medien eure Kommentare, Gedanken oder Lobpreisungen für diese Serie. Zum Abschluss möchte ich den Entwicklern aus tiefstem Herzen eine demütige Bitte aussprechen:
GEBT UNS EIN NEUES LEGACY OF KAIN!!!
Sebastian Radu Groß
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